Wenn ein Elternteil plötzlich als „gefährlich“ wahrgenommen wird

Viele getrennt lebende Eltern erleben nach einer Trennung etwas, das zunächst kaum zu fassen ist: Das gemeinsame Kind, mit dem über Jahre ein liebevoller Kontakt bestand, möchte plötzlich keinen Umgang mehr. Es äußert, es habe Angst vor der Mutter oder dem Vater – teilweise drastisch, mit Aussagen wie:
„Ich habe Angst vor ihr/ihm!“ oder „Ich bekomme Bauchschmerzen/kann nicht schlafen, wenn ich zu Papa/Mama muss! “

Für Gerichte und Jugendämter ist das ein Alarmzeichen, denn Kindeswille und Kindeswohl stehen im Zentrum jeder Entscheidung – an sich korrekt, doch nach meiner Erfahrung wird nur selten hinter die möglichen Kulissen dieser Aussage geschaut. Und wenn ein Kind die Angst intensiv genug äußert, kann das zur Aussetzung des Umgangsrechts führen – oft auf unbestimmte Zeit, “bis das Kind von selbst wieder den Wunsch äußert, den Vater/die Mutter wieder zu sehen”.

Umgangsaussetzung – ein häufig  verwendetes vermeintliches “Allheilmittel”.

Nur selten wird die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass hinter dieser Angst keine objektive Gefahr steht und dass ein Elternteil – bewusst oder unbewusst – das Kind gegen den anderen beeinflusst.

Häufiger Grund für Umgangsausschluss: plötzliche Angst des Kindes uns wiederholter Wunsch nach Kontaktabbruch

In familiengerichtlichen Verfahren spielt der geäußerte Kindeswille eine zentrale Rolle. Wenn ein Kind wiederholt betont, es wolle keinen Kontakt zu einem Elternteil, reagieren Gerichte oft mit vorsorglichen Maßnahmen: Der Umgang wird ausgesetzt, oder auf begleiteten Umgang beschränkt, oder es werden Maßnahmen zur Kinderschutzprüfung eingeleitet.

Diese Entscheidungen sind sinnvoll und notwendig, wenn tatsächlich eine Gefährdung vorliegt – etwa bei nachweislichem Missbrauch, körperlicher/seelischer Gewalt oder Vernachlässigung.

Doch was passiert, wenn es keine Beweise für solche Vorwürfe gibt?

Der manipulierte Kindeswille: Wenn Angst nicht von allein entsteht

In vielen Fällen gibt es keine objektiven Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung. Und trotzdem wird der Umgang ausgesetzt – allein aufgrund der Aussagen des Kindes.

Was viele Fachleute nicht wissen (wollen): Der Wille eines Kindes ist formbar.
Besonders bei jungen Kindern oder in hochbelasteten Trennungssituationen kann der Wille durch Suggestion, Angst, Loyalitätskonflikte oder gezielte Beeinflussung verändert werden.

In der Rechtssprechung ist allerdings längst bekannt:

(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 1BvG 212/98 vom 02.04.2001) :

„Ein geäußerte Kindeswille kann außer Acht gelassen werden, wenn er offensichtlich beeinflusst worden ist.“ Das gilt insbesondere „wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes die wirklichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend bezeichnen.“

Falsche Gewaltvorwürfe und Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation)


In manchen Trennungssituationen machen Elternteile dem anderen gezielt Vorwürfe – etwa:

„Er hat das Kind geschlagen.“

„Sie ist psychisch instabil.“

„Das Kind hat Angst, weil der Vater/die Mutter es ständig anschreit.“

Diese Vorwürfe lassen sich häufig nicht belegen – können aber massive Auswirkungen haben: Das Familiengericht zieht sich zurück („Kind will ja nicht, der Wille darf nicht gebrochen werden“), das Jugendamt agiert vorsichtig („Die Eltern sollen erstmal zur Familienberatung“), und das Kind wird schleichend vom anderen Elternteil entfremdet. Und, nein, damit meine ich nicht das veraltete Konzept aus den Achtzigern.

“Parental Alienation” ist in Deutschland kein anerkannter Fachbegriff, deshalb betrachte und verwende ich ihn als einen Sammelbegriff für eine Reihe von realen und nachweisbaren Phänomenen und Verhaltensweisen:
Ein Elternteil beeinflusst das Kind so stark, dass dieses den anderen ablehnt, obwohl keine objektive Gefahr besteht. Und, ja, es geht wirklich auch monokausal, zu Deutsch: Zum Streiten reicht tatsächlich nur eine/r.

Unterscheidung: Echte Gefahr oder Konfabulation?

Grundsätzlich gilt: Nicht jede Angst ist manipuliert – und nicht jede Aussage falsch. Die Herausforderung für die beteiligten Professionen liegt darin, zwischen echter Gefährdung und “eingeimpfter” Erinnerung bzw. Übernahme fremder Aussagen zu unterscheiden.

Typische Anzeichen für konstruierte Ängste beim Kind sind:

  • Aussagen wirken einstudiert, wenig differenziert oder die Details werden wundersame weise immer mehr, je öfter die Geschichte erzählt wird
  • Das Kind benutzt erwachsene Begriffe („Er ist narzisstisch“, „psychisch auffällig“),
  • Es gibt Widersprüche zwischen Verhalten und Aussage (z. B. das Kind lacht beim Kontakt, behauptet aber, es sei traumatisiert),
  • Die Ablehnung ist absolut und pauschal („Ich will nie wieder zu /Papa Mama!“ “Bei Mama/Papa war es nie schön, ich kann mich an nichts Gutes erinnern” ),
  • Es gibt keine oder fragwürdige Belege für die angebliche Gefährdung.

Was Fachkräfte hier leisten müssen:

Fachkräfte haben zwei unterschiedliche Szenarien zu erwägen:

1. Tatsächliche Gewalt – echte Gefahr für das Kind, die dringend abgewendet werden muss!

2. Konfabulation – erfundene Gewaltvorwürfe, meist strategisch eingesetzt im Trennungskonflikt.

Bei erfundenen Gewaltvorwürfen:

Wenn Kinder falsche Aussagen übernehmen, die ihnen suggeriert wurden, werden sie als Sprachrohr eines Elternteils missbraucht – nicht zum Schutz, sondern als Mittel im Machtkampf. Sie werden zu Falschaussagen angestiftet und in den Zustand von ständiger Alarmbereitschaft versetzt.

Vorgehensweise:

  • Psychologische Diagnostik des Kindes: Was ist Erinnerung, was wurde suggeriert?
  • Psychologische Untersuchung des induzierenden Elternteils, ggf. Überprüfung der Erziehungsfähigkeit
  • Kindgerechte Begleitung des Kindes bei der Umgangswiederanbahnung
  • Psychologische Hilfestellung für das Kind, um die induzierenden Angstzustände aufzulösen

Fazit: Der geäußerte Kindeswille darf nicht allein über das Eltern-Kind-Verhältnis entscheiden

Ein Kind hat ein Recht auf beide Eltern – sofern keine reale Gefährdung vorliegt. Wenn Angst nur behauptet oder übernommen ist, wird das Kind durch Umgangsausschluss nicht geschützt, sondern es wird ihm geschadet, denn die induzierten Angstszenarien werden dadurch verstärkt und zementiert.

Wenn Sie betroffen sind:

Gern werde ich Sie beraten und begleiten. Kontaktieren Sie mich für ein unverbindliches und kostenloses Vorgespräch.

Hallo mein Name ist Anna Pelz

Ich biete fachliche Hilfestellung bei induzierter Eltern-Kind-Entfremdung für betroffene Eltern, Familienmitglieder und Fachkräfte im Bereich der Familienberatung und des Familienrechts. Deutschlandweit (auch telefonisch und online).